50 Jahre B. Braun-Stiftung: Ein Rückblick mit Vorstandsmitglied Barbara Braun-Lüdicke

50 Jahre B. Braun-Stiftung: Ein Rückblick mit Vorstandsmitglied Barbara Braun-Lüdicke

Angefangen hat alles mit der Zeitschrift „Die Schwester“, die damals als Hauszeitung kostenfrei an Pflegepersonal verteilt wurde. Die Nachfrage nach der Zeitschrift war so wahnsinnig groß, dass Otto Braun und sein Bruder Dr. Bernd Braun, auf die Idee kamen, die Zeitschrift im Abonnement anzubieten. Diese Erlöse sollten aber wieder der Fort- und Weiterbildung von Krankenschwestern und Krankenpflegern zugutekommen. So wurde die Stiftung vor 50 Jahren gegründet.

Frau Braun-Lüdicke, was hat die Familie bewogen, 1966 die B. Braun-Stiftung ins Leben zu rufen?

Der Leitgedanke, der dahinterstand, war, dass für Pflegende ganz wenig an Fort- und Weiterbildung angeboten wurde, während bei den Ärzten schon damals ein Kongress nach dem anderen stattfand. Wenn ich mich richtig erinnere, war „Die Schwester“, heute „Die Schwester/Der Pfleger“, damals die erste Fachzeitschrift für Pflegende überhaupt.

Die Stiftung hatte von Anfang an das Ziel, die Arbeit der Pflegenden zu fördern, damit sie sich auf Augenhöhe mit den Ärzten bewegen konnten. Denn sie verbringen die meiste Zeit mit dem Patienten. Später kamen auch andere Berufsgruppen hinzu. Das Verstehen um die Arbeit des anderen und die damit verbundene Wertschätzung ist bis heute das Ziel der Stiftung geblieben.

Haben Sie Erinnerungen an die Anfänge der Stiftung?

Ganz in den Anfängen der Stiftung war ich auf den jährlichen Kuratoriumssitzungen bei uns zu Hause das Eventprogramm - mit meiner Blockflöte. Bei uns wurde damals alles aus „Bordmitteln“ bestritten. Dadurch ist natürlich auch eine ganz andere Bindung der Kuratoren zu uns entstanden. Der persönliche Kontakt war meinem Vater sehr wichtig. Wenn es irgendwo einen neuen Chefarzt, Krankenhausapotheker oder eine neue Pflegedienstleitung gab, machte mein Vater seinen Antrittsbesuch. Im Gepäck hatte er meist seine Kühltasche, gefüllt mit einem Wildbraten. 

Barbara Braun Lüdicke und Prof. Dr. Oliver Schnell vertreten derzeit die Familie Braun im Vorstand der Stiftung.

Eine Stiftung zu unterhalten, ist heute keine Selbstverständlichkeit. Welche Bedeutung hat die Stiftung für die Stifterfamilie?

Natürlich ist es eine große Herausforderung, eine Stiftung am Leben zu halten, in Zeiten mit so niedrigem Zinsniveau. Wir sind ständig dabei, die Anlagemöglichkeiten zu optimieren und müssen wie bisher sorgsam und bewusst mit den Ressourcen umgehen. Aber die B. Braun-Stiftung wird es weiter geben.. Mit der Stiftung ist ein großes Engagement verbunden. Ich selbst bin jedes Jahr mit einer Zustiftung dabei. Die Familie ist mit der Stiftung verwachsen. Sie ist wie unser eigenes Kind. Ihre Arbeit ist viel zu wichtig, als dass man sie von dem niedrigen Zinsniveau abhängig machen könnte.

Wie sollte sich die Stiftung weiterentwickeln? Wird Sie in Melsungen bleiben?

Die Stiftung wird jetzt - nach immerhin 50 Jahren (lacht) - nicht mehr zur Untermiete untergebracht, sondern bekommt endlich ein eigenes Zuhause. Dafür wird das „alte Chefarzthaus“ bzw. ehemalige Gästehaus im Stadtwald umgebaut.

Die Stiftung wird eine Melsunger Stiftung bleiben. Wir müssen uns hier nicht wegbewegen. Wichtig ist, dass sie moderne Kommunikationsformen nutzt und immer wieder Foren schafft, bei denen sich die Teilnehmer austauschen können.

Was wird in Zukunft im Gesundheitswesen gebraucht werden?

Es ist einfach wichtig, dass alle Berufsgruppen in der Gesundheitsversorgung lernen, über den Tellerrand ein Stück herauszuschauen, wie das zum Beispiel im interprofessionellen Mentoringprogramm der Stiftung der Fall ist. Man muss in den Fortbildungen vom anderen lernen und erkennen, wie vernetzt alles miteinander ist. Es kann heute nicht mehr sein, dass ein Krankenhausapotheker aus seiner Apotheker nie herauskommt.

Was ich ebenfalls als eine sehr gute Idee empfinde ist, dass wir junge Fachärzte und angehende Oberärzte , in Management und Personalführung weiterbilden. Betriebswirtschaftliches Denken kommt im Lehrplan der Mediziner nicht vor und das Gesundheitswesen steht vor enormen Herausforderungen, bei einer immer älter und dabei nicht gesünder werdenden Bevölkerung und immer weniger Beitragszahlern. Das Bewusstsein des wirtschaftlichen Handelns in allen Bereichen in der Medizin und Pflege zu schaffen und zu erweitern, finde ich sehr wichtig. Und das machen wir, wie könnte es auch anders sein, mit Sharing Expertise, indem wir uns miteinander austauschen und unser Wissen nicht für uns behalten.

Die Stiftung ist bodenständig, das hängt vermutlich auch mit dem Thema zusammen. Sie hat sich ganz organisch entwickelt und ist letztendlich gewachsen wie ein Kind. Es war nie etwas aufgesetzt oder zwangsläufig herbeigeführt. Ich denke, man kann sagen, dass die Stiftung bis heute dazu beigetragen hat, dass sich das Personal im Krankenhaus im gegenseitigen Respekt und gegenseitiger Wertschätzung gegenübertreten und zusammenarbeiten kann.