„Es ist immer schön, nach Hause zu kommen“

„Es ist immer schön, nach Hause zu kommen“

Generationswechsel in der B. Braun-Stiftung. Barbara Braun-Lüdicke übergibt ihren Vorstandsposten an ihren Sohn, Dr. Sebastian Braun-Lüdicke. Lesen Sie ein Interview über Familienwerte, die Kraft der Tradition und die Verantwortung als Unternehmer für die Gesellschaft.

"So ein Nordhesse ist und bleibt einfach ein Nordhesse!", sagt Barbara Braun-Lüdicke über ihren Sohn. 

Wie fühlt es sich an, die Familientradition in der Stifterfamilie fortzusetzen?

Dr. Sebastian Braun-Lüdicke: Gut! Wenn wir unsere hundertfünfundachtzigjährige Firmengeschichte betrachten und dann noch unsere fast 60-jährigen Stiftungsgeschichte, dann weiß man, dass unserer Familie Kontinuität wichtig ist. Das lebt natürlich vom Generationenwechsel. Daran teilhaben zu dürfen, ist einfach ein schönes Gefühl, eine große Ehre. Ich freue mich drauf.

Frau Braun-Lüdicke, wie fühlt es sich an, die Verantwortung abzugeben?

Barbara Braun-Lüdicke: Gut, bei so einem Nachfolger.

Tagt bei solchen Entscheidungen der Familienrat?

Dr. Sebastian Braun-Lüdicke:  Wir sprechen darüber- und das finde ich auch richtig. Unsere Familie lebt davon, dass sie sich gut versteht. Deshalb achten wir darauf, dass es allen gut geht mit solchen Entscheidungen, denn sie haben schon eine gewisse Tragweite

Wenn wir schon bei Familie sind, können Sie sich erinnern, wann Sie das erste Mal von der Stiftung gehört haben?

Barbara Braun-Lüdicke: Ganz früh - seit Gründung der Stiftung.
Ich war halt das Kind meiner Eltern, da ist man mit der Stiftung und allem, was dazugehört, groß geworden. Am Anfang habe ich immer bei den Kuratoriumssitzungen Blockflöte gespielt. Das war das Unterhaltungsprogramm. Also leichte Veränderungen sind spürbar (lacht).

Dr. Sebastian Braun-Lüdicke: Das ist mir Gott sei Dank erspart geblieben! Also ich muss ehrlich gestehen, bei mir war die Stiftung nicht so präsent. Es ist mir erst bewusster geworden als meine Mutter dann tatsächlich in den Vorstand eingezogen ist. Daraufhin habe ich mich näher damit beschäftigt, was B. Braun an anderer Stelle noch so alles Gutes tut.

Barbara Braun-Lüdicke: Mit der in die B. Braun-Stiftung übergegangenen früheren Ungethüm-Aesculap-Stiftung, die Ärzt*innen aus anderen Ländern Stipendien in Deutschland in der Medizintechnik eröffnet, warst du durch deine Tätigkeit mehr verbunden. 

Welche Bedeutung hat die Stiftungsarbeit für Sie?

Dr. Sebastian Braun-Lüdicke: Abseits des großen Firmenkonglomerats ist die Arbeit der B. Braun-Stiftung ein sehr konkreter Ausdruck unseres Verständnisses von Wirtschaften und unserer Verpflichtung der Gesellschaft gegenüber. Es geht eben nicht nur um Profit und um Gewinne. Man muss der Gesellschaft auch immer etwas zurückgeben. Nur so kann das Miteinander funktionieren. Und das ist ein sehr praktischer Aspekt, den ich sehr schön finde.

Barbara Braun-Lüdicke:  Ja, das ist so unsere Tradition. Otto Braun und mein Vater Dr. Bernd Braun haben damals beschlossen, der Wissbegierde von Krankenschwestern und -pflegern zu dienen. Sie wollten mit dem Verkauf der damaligen ersten Pflegezeitschrift „Die Schwester“ kein Geld machen, sondern die Erlöse für die Weiterbildung der Pflege einsetzen und einem breiten Publikum zur Verfügung stellen. Sie wollten das Wissen teilen. In den Anfangsjahren ab 1966 gab es kaum Fortbildungsmöglichkeiten für das Pflegepersonal.

Sie werden mit diesem Ehrenamt jetzt auch auf beruflicher Ebene mit Ihrem Großcousin Prof. Dr. Oliver Schnell und Ihrer Großcousine Johanna zusammenarbeiten. Was ist das für ein Gefühl?

Barbara Braun-Lüdicke (Zwinker): Es könnte schlimmer sein.

Dr. Sebastian Braun-Lüdicke:  Ja, in der Tat. Wir haben es über die Jahre und Generationen hinweg geschafft, immer im Austausch zu bleiben, auch im Privaten. Von daher ist das, um im Sport zu sprechen, eigentlich wie ein Heimspiel. Dadurch, dass sich unsere Familie so gut versteht, freue mich sehr drauf. Das wird einfach sehr viel Spaß machen, da bin ich mir sicher. 

Die B. Braun-Stiftung hat einen Fokus auf Interprofessionalität, weil sich im Laufe der Jahre mit zunehmender Komplexität gezeigt hat, dass es sinnvoll ist, wenn die Berufsgruppen in der Gesundheitsversorgung, z. B. im Krankenhaus auf Augenhöhe miteinander arbeiten. Welche Bedeutung hat das auch so jetzt für sie?

Dr. Sebastian Braun-Lüdicke: Dieser Gedanke begleitet mich schon mein ganzes Berufsleben. Als Jurist im Zentralbereich eines Unternehmens bekommt man einfach ganz viele verschiedene Einflüsse mit und sieht, dass es immer dort gut läuft, wo Leute gut miteinander arbeiten und gut zusammenarbeiten - auch über Fachgrenzen oder kulturelle Grenzen hinaus. Das ist ein sehr wertvoller Ansatz und eine sehr interessante Ausrichtung, die die B. Braun-Stiftung sich gegeben hat.

Frau Braun-Lüdicke, Sie haben jetzt 15 Jahre aktiv die Stiftung gestaltet. Gibt es eine Erinnerung, die sie besonders wertschätzen oder irgendwas, was sie in ihrer Zeit am meisten gefesselt hat?

Barbara Braun-Lüdicke: Was mich am meisten gefesselt hat, ist die Offenheit, die wir in der B. Braun-Stiftung anderen gegenüber pflegen und insbesondere die Wertschätzung, die wir den Pflegenden seit fast 60 Jahren entgegenbringen. Alles fing an mit unseren Pflegestipendien und natürlich dem Pflegekongress in Kassel, der in 2024 zum 46. Mal stattgefunden hat. Wir sind organisch gewachsen und haben immer an den Stellen, weiter aufgebaut und nachgeschärft, wo es nötig war. Ich bin ganz froh, dass sich das Spektrum so erweitert hat.

Welche Hauptaufgabe hat die Stiftung heutzutage?

Barbara Braun-Lüdicke: Einfach Ansprechpartner und Vernetzungspartner für viele sein - in allen Gesundheitsbereichen. Allerdings immer noch mit dem ursprünglichen, und glaub ich immer noch sehr, sehr wichtigen Schwerpunkt, auf der Pflege.

Haben Sie einen Impuls, den Sie noch in die Stiftung reingeben möchten?

Dr. Sebastian Braun-Lüdicke: Manchmal ist ein unvoreingenommener Blick von außen sehr hilfreich. Was ich damit meine ist es von Zeit zu Zeit auch mal anders zu denken, Sachen kritisch zu hinterfragen, zwischendurch dann noch mal zu gucken, kann man nicht irgendwas ganz anders machen. Und da, denke ich, ticken gerade meine Cousins und Cousinen ähnlich. Da bin ich schon gespannt drauf. Es wird in der Tat das erste Mal sein, dass wir so zusammenarbeiten.

Welche Bedeutung haben Stiftungen heute in unserer Zeit?

Dr. Sebastian Braun-Lüdicke: Eine immer größer werdende. Zum einen bringt sie eben diesen Gemeinwohlgedanken ganz konkret zum Ausdruck, was heute tatsächlich mehr und mehr in Vergessenheit gerät. Von daher ist das, glaube ich, ein ganz wichtiger Gesichtspunkt. Außerdem unterliegen Stiftungen in ihrer Arbeit gerade nicht dem Wirtschaftszwang. Deshalb können wir Projekte fördern, die sonst zu kurz kämen. Also ich glaube, sie sind für den gesellschaftlichen Zusammenhalt heute wichtiger denn je.

Barbara-Braun Lüdicke: Und auch nicht den politischen Zwang. Die macht ja im Moment auch so ihre Sachen. Jeder macht so seins und keiner macht mehr was mit dem anderen. Da arbeiten Stiftungen ganz anders. Die haben ein Ziel, einen Zweck und dem wird alles untergeordnet. Egal ob etwas grün, kariert oder schwarz- weiß ist.

Letzte Frage: Sie arbeiten und leben schon für viele Jahre in Tuttlingen. Durch die Vorstandsfunktion rücken sie jetzt wieder näher an ihre Heimat Melsungen. Was bedeutet das für Sie?

Dr. Sebastian Braun-Lüdicke: So habe ich jetzt einen Grund mehr, die Familien in Melsungen zu besuchen. Es ist immer schön, nach Hause zu kommen. 

 

Barbara Braun-Lüdicke ist Tochter von Unternehmer Dr. Bernd Braun, einem der Gründer der B. Braun-Stiftung. Ihre Kinder Eva, Friederike und Sebastian Braun sind in unterschiedlichen Funktionen des B. Braun-Konzerns tätig und in Ehrenämtern in der Region aktiv. Sie lebt mit ihrer Familie in Melsungen.

Dr. Bernhard Sebastian Braun-Lüdicke (47) ist Rechtsanwalt. Nach seinem Studium begann er seine berufliche Laufbahn in der Rechtsabteilung der Aesculap AG. Er ist Geschäftsführer B. Braun Vetcare (BVC) und Bereichsleiter des B2B-Geschäftes der Aesculap AG. Dr. Sebastian Braun-Lüdicke lebt mit seiner Familie in Tuttlingen.