Chance für eine bessere Zukunft: Beim MedTech Pitch Day 2024 haben zehn Start-ups ihre Innovationen gezeigt. Diese haben das Potenzial, das Gesundheitswesen voranzubringen.
Über die Leinwand huschen Bilder von Organen und medizintechnischen Instrumenten, Grafiken und Statistiken, Zeitstrahle und Zahlen. Vor allem aber geht es um Leben und Tod – um schwere Krankheiten, Herausforderungen im Krankenhausbetrieb und darum, wie Innovationen aus der Medizintechnik das Leben für Patient*innen bald besser machen könnten. Voraussetzung: Die Gründer*innen, die neben der Leinwand stehen, können die vor ihnen versammelten Investor*innen von ihren Ideen überzeugen.
Willkommen auf dem MedTech Pitch Day: einer einzigartigen Plattform für Start‑ups, ihre bahnbrechenden Technologien und Produkte zu präsentieren – und dafür Geldgeber aus der Medizintechnik-Branche zu gewinnen. Mehr als 100 Start‑ups haben sich dafür beworben, zehn sind am Ende übriggeblieben. Sie trafen am 20. März 2024 im TranslaTUM in München auf rund 50 potenzielle Investor*innen. In diesem Jahr ging der MedTech Pitch Day in seine zehnte Runde. Organisiert wird er von wichtigen Akteuren der MedTech-Branche – neben der B. Braun-Stiftung das Unternehmen B. Braun mit seinem B. Braun Accelerator, der Seed-Investor High-Tech Gründerfonds (HTGF), das Medizin- und Sicherheitstechnikunternehmen Dräger, der Health Innovation Port und die Techniker Krankenkasse. Gastgeber waren diesmal das TUM Venture Labs Healthcare und TranslaTUM, das Zentralinstitut für translationale Krebsforschung der Technischen Universität München.
Das TranslaTUM sitzt in einem modernen, geschwungenen Glasbau, der auf dem Gelände des Universitätsklinikums Rechts der Isar steht. Für Start-ups sind solche Veranstaltungen die perfekte Gelegenheit, ihre Ideen einer breiten Fachöffentlichkeit zu präsentieren: quasi raus zu kommen aus Büro und Labor, rein in die Wirklichkeit, in der alle Innovationen bestehen müssen. Davon können am Ende alle profitieren.
„Die Förderung von Fortschritt im Gesundheitswesen durch innovative Technologien ist essenziell“, betont Dr. Thilo Brinkmann, Geschäftsführer der B. Braun-Stiftung. „Der MedTech Pitch Day dient als ideale Plattform, um visionären Start-ups die Möglichkeit zu geben, ihre Lösungen einem breiten Publikum vorzustellen und damit einen wertvollen Beitrag zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung zu leisten.“ Dr. Alex von Frankenberg, Geschäftsführer des High-Tech Gründerfonds ergänzt: „Der MedTech Pitch Day bringt auf einzigartige Weise top Start-ups, führende Corporates und viele Investoren zusammen. Der HTGF ist stolz darauf, Partner dieses hervorragenden Ökosystems zu sein, das die Keimzelle für viele exzellente Start-ups und Partnerschaften ist und sein wird.“
Und für diese Weiterentwicklung stehen die Chancen gut. Rund zehn Minuten hatte jedes Start-up Zeit, das Publikum von sich zu überzeugen. Das reagiert kritisch, aber aufgeschlossen und interessiert mit Nachfragen: Wie sieht die Studienlage dazu aus? Wie müsste das Medizinprodukt genau eingenommen werden? Wie groß ist der positive Effekt für die Patient*innen, verglichen mit Alternativen? Die Antworten notieren sich die Investor*innen gleich im Laptop oder Notizblock. Später wird man sie im Foyer mit Gründer*innen zusammenstehen sehen, ins Gespräch vertieft – und Kontaktdaten austauschend. Schon bei den Veranstaltungen der vergangenen Jahre ergaben sich so zahlreiche und ganz konkrete Kooperationen zwischen beiden Seiten. „Als Start-up ist man nicht nur an Geld interessiert“, sagt Maximilian Schoenberg, CEO von Lucius Solutions. Das deutsche Start-up präsentiert einen KI-Empfehlungsmonitor für klinische Best Practices, der Krankenhauseffizienz und Patientenergebnisse verbessert. Dafür sei es wichtig, mit anderen Unternehmen Kollaborationen einzugehen, sagt Schoenberg.
Allerdings sei es gar nicht so einfach, mit möglichen Partnern ins Gespräch zu kommen, ergänzt CTO Mathias Kim. „Der MedTech Pitch Day ist daher für uns eine wertvolle Gelegenheit.“ Das bestätigt auch Christian Biermann. Seine Nutreatec führt die erste digitale Gesundheitsanwendung zur Bekämpfung von Mangelernährung in der Onkologie ein. „Es ist für uns eine Ehre, hier zu sein“, sagt Biermann: Von den ursprünglich 100 Start-ups seien ja nur noch zehn übrig. „Für uns ist das eine Chance. Wir hoffen, dass ein Partner unseren Ansatz genauso gut findet wie wir.“ Überhaupt ist die Bandbreite der Start-ups auf der Bühne gewaltig. So hat sich Preventicus aus Deutschland auf Leitlinien-konforme, digitale Prävention, Screening und Diagnostik von kardiologischen Erkrankungen für Krankenkassen und B2C spezialisiert. Adiposs aus der Schweiz bringt eine bildgebende Lösung zur Früherkennung und Überwachung von Kachexie bei Krebspatient*innen ein. SURAG Medical aus Deutschland entwickelt ein KI-gesteuertes chirurgisches Navigationssystem, das Eingriffe mit Spinalnadeln durch Echtzeitführung sicherer und effizienter macht. ENDOLEASE Systems aus Deutschland forscht an einem Präzisions-Medikamentenabgabesystem, das systemische Nebenwirkungen minimieren soll, indem es Medikamente gezielt an betroffene Gewebe abgibt. Aiosyn aus den Niederlanden bietet Software für präzise Pathologie in den Bereichen Brustkrebs und chronische Nierenerkrankungen. Approxima aus Italien zeigt ein minimal-invasives Device für die Trikuspidalklappe zur Behandlung von Trikuspidalregurgitation. Deep Breath aus den Niederlanden bietet ein KI-basiertes System zur Optimierung der mechanischen Lungenbeatmung auf Intensivstationen an, das Komplikationen und Gesundheitskosten reduzieren soll. Und Artedrone aus Frankreich revolutioniert die Schlaganfallbehandlung mit der ersten autonomen robotischen Lösung für die mechanische Thrombektomie, um den Zugang zur Versorgung für Schlaganfallpatient*innen zu demokratisieren.
Die Unterschiedlichkeit der Start-ups gibt auch für Investor*innen einen guten Überblick über aktuelle Entwicklungen im medizintechnologischen Sektor: Für sie ist es wichtig, Trends frühzeitig zu erkennen. „Es ist wichtig, dass die Med-Tech-Start-ups und Investoren früh in Kontakt kommen, um konstruktive Diskussionen zu ermöglichen und das Netzwerk für zukünftige Finanzierungsrunden zu entwickeln“, sagt etwa Dustin Zielinski von Hadean Ventures. Daher seien die Pitch Days „ein wichtiger Bestandteil des deutschen VC-Ökosystems“. Es geht jedoch nicht nur ums Präsentieren und Kontakteknüpfen. Das Lernen voneinander ist mindestens genauso wichtig. Inspiration bietet da unter anderem ein Panel mit Investor*innen und Gründer*innen, das gemeinsam Erfolgsfaktoren für Start-ups ergründet. „Habe immer einen Plan B“, rät zum Beispiel David Neale von Arga Medtech. Denn Unvorhergesehenes würde immer passieren – man denke nur an die Corona-Pandemie. Das sieht Dr. Fei Tian von MIG Capital ähnlich. Auch als Investorin sei man sich bewusst, dass sich Business-Pläne ändern könnten, sagt sie. „Es ist nur wichtig zu verstehen, wie diese Änderungen zustande gekommen sind.“
Wer miteinander spricht, hat also einen Vorteil. Und genau das passiert zum Glück auf dem MedTech Pitch Day. Schließlich geht es nicht nur auf der Leinwand um viel: um Leben und Tod – um Innovationen, die Patient*innen, medizinischen Fachkräften und dem Gesundheitswesen als Ganzem zu Gute kommen.