Untersuchung zeigt: Pflegende werden mit Gewalterfahrungen zu häufig alleine gelassen

Untersuchung zeigt: Pflegende werden mit Gewalterfahrungen zu häufig alleine gelassen

„Pflegende sind häufig mit Gewalt konfrontiert, Hilfsangebote gibt es eher selten“, beschrieb Professor Michael Ungethüm auf der 39. Fortbildung für Pflegende in Kassel die Situation von Pflegenden im Berufsalltag.

„Pflegende sind häufig mit Gewalt konfrontiert, Hilfsangebote gibt es eher selten“, beschrieb Professor Michael Ungethüm auf der 39. Fortbildung für Pflegende in Kassel die Situation von Pflegenden im Berufsalltag. Der Vorstandsvorsitzende der B. Braun-Stiftung stellte den Teilnehmern erstmalig die Ergebnisse aus der bisher größten deutschen Untersuchung zum Thema „Gewalt in der Pflege“ vor.

Das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung (DIP) und die B. Braun-Stiftung  haben die Studie heute veröffentlicht. Von den an der Umfrage teilgenommenen 402 Pflegekräften berichtete fast jeder Dritte, dass Maßnahmen gegen den Willen von Patienten, Bewohnern und Pflegebedürftigen zum Alltag gehören. Gewalt gegen Pflegende hat danach jeder Siebte erfahren oder beobachtet. Fast alle Befragten fühlen sich im Umgang mit Gewalt nicht sicher – egal ob sich die Gewalt gegen sie selbst oder gegen Patienten richtet. Je konkreter die Situation wird, umso mehr steigt die Unsicherheit. Demgegenüber steht ein Defizit an Hilfsangeboten. Die Auswertung brachte zutage, dass es nur in etwa der Hälfte der Institutionen Anlaufstellen für Pflegende gibt. So gut wie gar nicht vorhanden, sind gezielte Fort- und Weiterbildungen zur Deeskalation von Gewalt und dem sicheren Umgang damit. Ungethüm forderte das Management der Krankenhäuser auf, mehr in Prävention und Deeskalation von Gewalt zu investieren. „Die Patientensicherheit und auch Ihre Sicherheit stehen im Vordergrund. Wegschauen hilft niemandem!“
Die Auswertung bezieht sich auf eine repräsentative Umfrage zum Thema Gewalt in der Pflege, die das DIP mit den Teilnehmern der Fortbildung im letzten Jahr durchgeführt hat. Von 1.200 verteilten Fragebögen kamen 402 ausgefüllt zurück. Vom DIP abgefragt und ausgewertet wurden die folgenden Aspekt/Themen: Erfahrungen mit Gewalt in den vergangenen drei Monaten, Selbsteinschätzung zum Umgang mit Gewalt, Angebote zur Aufarbeitung und Prävention von Gewalterfahrungen.

Die B. Braun-Stiftung nutzt die repräsentative Zielgruppe der Veranstaltungsreihe für aussagefähige Stichproben. „Die Größe der Veranstaltung und die Teilnahme einer Berufsgruppe lässt repräsentative Ergebnisse zu“, sagte Geschäftsführer Professor Alexander Schachtrupp. In diesem Jahr wird es eine Umfrage zur Hygiene in Gesundheitseinrichtungen geben.

Die Fortbildung für Pflegende gehört zu den besucherstärksten Pflegesymposien in Deutschland. Die B. Braun-Stiftung hält mit ihr seit 39 Jahren ein kostenloses Fortbildungsangebot für Pflegepersonal aus allen Pflegebereichen aufrecht. So erhalten auch Pflege- und Altenpflegeschüler die Gelegenheit, von bundesweit anerkannten Experten zu lernen und sich auszutauschen. Die Programmplanung erfolgt in enger Zusammenarbeit mit der Redaktion von Deutschlands größter Pflegefachzeitschrift „Die Schwester Der Pfleger“. Die Experten berichteten in diesem Jahr über die Bundestagswahl, Karriere und Weiterentwicklung, Palliativversorgung, nachhaltige Hygiene-Compliance und Kommunikation mit beatmeten Patienten.

Zur Studie: www.dip.de
 
Methodik und Stichprobe
Es wurde ein standardisierter Fragebogen mit 22 Fragen eingesetzt. Die Teilnehmer bewerteten vorformulierte Aussagen mit von „trifft voll zu“ bis „trifft gar nicht zu“ oder von „sehr häufig“ bis „nie“. Zusätzlich gab es Fragen mit „Ja-Nein“-Antwortmöglichkeiten.
Die erhobenen Daten wurden mithilfe eines  Statistikprogramm analysiert. 402 Fragebögen wurden ausgewertet.  Die Gruppe der Befragten setzte sich aus 79,1 Prozent weiblicher und 16,4 Prozent männlicher Personen zusammen. 4,5 Prozent machten dazu keine Angabe. 64,2 Prozent der Befragten verfügen über eine abgeschlossene Berufsausbildung in einem Pflegeberuf, 17,2 Prozent befinden sich in einer Pflegeausbildung, 55 Prozent waren ausgebildete Gesundheits- und Krankenpfleger.  Schüler der Gesundheits- und Krankenpflege sind 12,2 Prozent. Unter der Kategorie „Andere Berufe“ wurden die Berufe der Heilerziehungspflege, Pflege- und Medizinpädagogen, Sozialpädagogen und Hebammen genannt.

Zurück zur Nachrichtenübersicht