Bedeutung und therapeutische Modulation von zellulären Sauerstoffsensoren bei der Heilung von Darmanastomosen
Keywords: Darmanastomosen, Anastomoseninsuffizienz, Hypoxia-inducible Factor (HIF), HIF-Prolylhydroxylasen, PHD-Inhibitoren
Hauptforschende*r
Dr. med. Moritz J. Strowitzki
Forschungsinstitut
Universitätsklinikum Heidelberg
Abstract
Trotz positiver Entwicklungen zum Beispiel im Bereich der Minimal-Invasiven Chirurgie kommt es bei 7% aller Patienten, die am Darm operiert werden, zu Anastomoseninsuffizienzen, die einer erneuten Operation bedürfen. Anastomoseninsuffizienzen können dabei nicht nur zu lebensbedrohlichen Komplikationen führen, sondern verringern bei Tumorpatienten zusätzlich das Langzeitüberleben, da diese beispielsweise aufgrund der Komplikationen nicht mit einer notwendigen postoperativen Chemotherapie behandelt werden können. Sowohl Ischämie als auch eine Peritonitis reduzieren den Sauerstoffgehalt im Gewebe und können so die Heilung von intestinalen Anastomosen maßgeblich verschlechtern. Als Folge induzieren Zellen in unserem Körper den adaptiven Hypoxia-inducible Factor (HIF)-Signalweg, um den ansonsten zellschädlichen Effekten der Hypoxie entgegenzuwirken. Der HIF-Signalweg wird dabei von zellulären Sauerstoffsensoren, den HIF-Prolylhydroxylasen (PHD1, 2 und 3) reguliert. Interessanterweise kann der HIF-Signalweg mittels pharmakologischen PHD-Inhibitoren stimuliert werden. Das vorliegende Projekt untersuchte daher die Rolle des HIF/PHDSignalweges bei der Heilung von intestinalen Anastomosen. Insbesondere sollte der protektive und therapeutische Nutzen einer pharmakologischen PHD-Inhibition im Rahmen der Entstehung von Anastomoseninsuffizienzen analysiert werden.
Unter normalen Bedingungen hatten weder die pharmakologische Inhibierung noch die Stimulierung des HIF-Signalweges verglichen mit einer Kontrollbehandlung einen Einfluss auf die Heilung von intestinalen Anastomosen in Mäusen. Zur Untersuchung der intestinalen Anastomosenheilung unter Hoch-Risiko Bedingungen wurden zwei Kleintiermodelle am Nager etabliert. Hierfür wurden eine lokale Ischämie im Bereich der Anastomose oder eine Peritonitis mittels Lipopolysaccharide-Injektion in den Mäusen induziert. Sowohl die pharmakologische PHD-Inhibition mittels Dimethyloxaloylglyzin (DMOG) oder der partielle, molekulargenetische Verlust von PHD2 (PHD2+/-) steigerten die Anastomosenheilung unter Hoch-Risiko Bedingungen. Insbesondere PHD2+/- verbesserte dabei den postoperativen Krankheitsverlauf und verlängerte das postoperative Überleben nach Lipopolysaccharide-induzierter Peritonitis. Die histomorphologische Analyse ergab einen vermehrten Kollagengehalt im Anastomosengewebe von DMOG-behandelten und PHD2+/--Tieren. Weiterhin zeigte sich eine verringerte Infiltration von pro-inflammatorischen Leukozyten und M1-Makrophagen. Die Anzahl an M2-Makrophagen war dagegen in Anastomosen von PHD2+/--Tieren erhöht. DMOG verringerte im Vergleich zur Kontrollbehandlung gleichsam die Proteinexpression von mehreren entzündlichen Markern, wie Interleukin 6 oder Matrix-Metalloprotease (MMP) 9 – beide spielen eine wichtige Rolle beim Kollagenabbau, im Anastomosengewebe. Mechanistische in vitro Analysen zeigten, dass DMOG und PHD2+/- die M2-Polarisierung von Makrophagen vor allem unter gleichzeitiger Hypoxie induzieren und so die Wundheilungskapazität von intestinalen Epithelzellen und Fibroblasten steigern. Die protektiven Effekte einer pharmakologischen oder genetischen Inhibition der PHDs auf die (Wund-)Heilung waren dabei abhängig vom Zelltyp und dem Pathomechanismus.
Aktuell durchgeführte Folgeprojekte untersuchen die klinische Rolle der PHDs auf die Anastomosenheilung in Patienten, die aufgrund eines Kolonkarzinoms einer kolorektalen Resektion unterzogen wurden. Weiterhin wird anhand von den oben beschriebenen etablierten Tiermodellen die Wirkung von weiteren unterschiedlich spezifischen PHD-Inhibitoren auf die Heilung von intestinalen Hoch-Risiko Anastomosen untersucht. Dabei wird vor allem untersucht werden, in wie weit die protektiven Effekte einer pharmakologischen oder genetischen PHD-Inhibition von HIF-1 oder HIF-2 abhängen. Eine pharmakologische PHD-Inhibition könnte die Heilung von intestinalen Anastomosen vornehmlich in Patienten verbessern, die an einer Peritonitis leiden oder aufgrund von kardiovaskulären Risikofaktoren ein erhöhtes Risiko für eine intestinale Ischämie haben.
Fördersumme
28.000 Euro (2018)